Mit Einzelterminen und einem offenen Bürgerdialog bot sich die Gelegenheit, die Menschen im Jerichower Land zu wichtigen Themen zu hören und gemeinsam über Lösungen nachzudenken. Seit der Schließung des Krankenhauses vor sieben Jahren ist die Region ohne lokale Notfallversorgung, und der Mangel an Fachärzt*innen führt zu erheblichen Engpässen. Diese Problematik steht schon lange im Mittelpunkt der Forderungen der Bürger*innen, die sich eine verlässliche Gesundheitsversorgung wünschen. Die Abgeordneten trafen sich mit verschiedenen Akteur*innen, um die Herausforderungen und Perspektiven für Genthin direkt vor Ort kennenzulernen.
WARTEN BIS DER ARZT KOMMT - WELCHE LÖSUNG HILFT GENTHIN?
Am 10. September 2024 waren wir im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Grüne Fraktion vor Ort“ in Genthin und Umgebung unterwegs.
Cornelia Lüddemann besuchte das Betreuungsforstamt und einige Waldbestände, wo sie erfuhr, wie stark das Forstamt mit Personalengpässen zu kämpfen hat – eine kritische Situation angesichts der sich vergrößernden Flächen und der notwendigen Waldpflege in Zeiten des Klimawandels.
Olaf Meister informierte sich in der Diesterweg-Grundschule in Altenplathow über die Dringlichkeit von Investitionen in die Bildung. Dabei stand die Sicherung des Schulbetriebs, die Inklusion und die Möglichkeit, Fördermittel für den Ausbau der Turnhalle zu beantragen, im Fokus.
Sebastian Striegel nahm an einem Gespräch mit Vertreter*innen der „Partnerschaft für Demokratie“ teil, einer Initiative, die sich in Genthin und Umgebung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und den Umgang mit extremistischen Strömungen einsetzt.
Auch die Landwirtschaft und der lokale Handel rückten in den Blickpunkt: Dorothea Frederking besuchte die Leinölmühle in Parchen, um mehr über die Herstellung und Vermarktung regionaler Produkte zu erfahren und das Potenzial regionaler Wertschöpfung zu erkunden.
Wolfgang Aldag informierte sich über den Erhalt und die Pflege des beliebten Volksparks in Genthin, der mit dem Schwanenteich und dem Baumbestand einen wichtigen Erholungsraum für die Stadt darstellt.
Am Nachmittag stand dann ein Bürgerdialog unter dem Motto „Warten bis der Arzt kommt?“ auf dem Programm, bei dem sich schnell zeigte, wie dringend das Thema die Region bewegt. Im Dialog mit Bürger*innen wurde klar, dass die offizielle Bedarfsplanung für Ärzt*innen vor Ort zwar ausreichend erscheint, die tatsächliche Versorgungssituation aber weit davon entfernt ist. Die Menschen berichteten von überfüllten Praxen, langen Wartezeiten und einem deutlichen Mangel an neuen Patienten*innen aufnahmen. Besonders erschreckend war die Schilderung einiger Bürger*innen, die von sogenannten „Eintrittsgeldern“ berichteten, die sie bei Ärzt*innen für eine Aufnahme als Neupatient*innen entrichten müssten. Auch für Bestandspatient*innen ist es eine Herausforderung, zeitnahe Termine zu bekommen, und viele müssen zudem längere Wege in umliegende Städte auf sich nehmen, da nicht alle Fachärzt*innen in Genthin selbst ansässig sind. Für ältere Menschen gestaltet sich der Arztbesuch dadurch oft sehr mühsam. Ein Fahrservice könnte hier eine Erleichterung bieten – eine Idee, die bei Vertreter*innen der Kommune und dem Nahverkehr bereits Zuspruch fand.
Die Situation ist jedoch nicht nur für ältere Menschen problematisch. Berufstätige berichteten von den Hürden, einen Arzttermin mit ihren Arbeitszeiten in Einklang zu bringen. Ein regelmäßiger Arztbesuch erfordert oft, dass sie Urlaubstage einplanen müssen, was zusätzlichen Druck erzeugt. Auch die Notfallversorgung bereitet den Menschen Sorge. Seit der Schließung des Johanniter-Krankenhauses gibt es keine rund um die Uhr besetzte Anlaufstelle in Genthin, und viele fragen sich, was passiert, wenn beide Rettungswagen gerade auf längeren Einsätzen unterwegs sind. Eine dauerhafte Bereitschaftspraxis in Genthin könnte eine Lösung sein, um zumindest abends und an Wochenenden eine zuverlässige Versorgung zu gewährleisten. Bisher sind solche Lösungen jedoch nicht in den Planungen der Kassenärztlichen Vereinigung vorgesehen. Der ärztliche Bereitschaftsdienst wird in der Regel durch niedergelassene Ärzt*innen in deren eigenen Praxen abgedeckt oder im Rahmen von Hausbesuchen geleistet, was jedoch keine allgemeine und verlässliche Anlaufstelle für Notfälle im Ort schafft. Ein Gutachten soll nun klären, welche Varianten realisierbar wären, um die Versorgung zu verbessern.
Neben diesen dringend nötigen gesundheitspolitischen Maßnahmen ging es auch um Zukunftsperspektiven für Genthin. Die mögliche Hochstufung der Stadt zu einem Mittelzentrum im neuen Landesentwicklungsplan könnte der Region einen wichtigen Impuls geben. Diese Aufwertung würde nicht nur die Infrastruktur stärken, sondern Genthin auch als Standort für künftige Investitionen attraktiver machen. Das Bild der „Perle am Kanal“, wie eine Bürgerin die Stadt in ihrer Blütezeit nannte, könnte so wieder Wirklichkeit werden. Der Tag in Genthin hat gezeigt, wie wertvoll der direkte Austausch mit den Menschen vor Ort ist. Wir werden die gewonnenen Eindrücke und Anregungen mitnehmen und uns auf Landesebene für konkrete Lösungen einsetzen, die den Bedarf der Bürger*innen in Genthin und Umgebung berücksichtigen.